Ethos empfiehlt der Generalversammlung von Holcim, gegen die Vergütungsanträge sowie gegen die Wahl des neuen Verwaltungsratspräsidenten zu stimmen. Hingegen empfiehlt Ethos, die Abspaltung des Nordamerikageschäfts zu genehmigen, fordert aber von der neuen Einheit die Festlegung ambitionierter Klimaziele.
48 Millionen Franken: So viel hat der Präsident und ehemalige CEO von Holcim im Jahr 2024 gemäss Berechnungen von Ethos effektiv erhalten. Das entspricht fast einer Million Franken pro Woche oder dem 613-fachen des durchschnittlichen Jahreslohns in der Schweiz (78’024 Franken).
Hauptgrund für die hohe Vergütung sind 674’243 Optionen, die Jan Jenisch im März 2020 zugeteilt und nach einer vierjährigen Leistungsperiode (2020–2024) im März 2025 definitiv übertragen wurden. Holcim bewertete diese Optionen bei ihrer Zuteilung im Geschäftsbericht 2020 mit 890’001 Franken (1,32 Franken pro Option). Sie haben heute gemäss Berechnungen von Ethos einen Wert von 36,6 Millionen Franken. Hinzu kommen ein Grundgehalt von 600'000 Franken und ein Bonus von 1,3 Millionen Franken für die viermonatige Tätigkeit als CEO im Jahr 2024 sowie seine Vergütung als Präsident für die übrigen acht Monate des Jahres von zwei Millionen Franken. Weiter ist der Wert der 2022 im Rahmen der langfristigen variablen Vergütung zugeteilten Aktien von 7,1 Millionen Franken zu berücksichtigen. Diese Aktien wurden ebenfalls im März 2025 definitiv übertragen.
Die 48 Millionen Franken übersteigen deutlich die im Geschäftsbericht 2024 veröffentlichte Vergütung von 5,1 Millionen Franken (zwei Millionen für acht Monate Präsidentschaft und 3,1 Millionen für vier Monate als CEO). Der Unterschied lässt sich hauptsächlich mit dem Aktienkursanstieg der letzten zwölf Monaten erklären, also seit der Ankündigung der Abspaltung des Nordamerikageschäfts (siehe nachfolgend). Dieser führt zu einem inneren Wert des Optionspakets von 35 Millionen Franken (Differenz zwischen dem Ausübungspreis von 45,62 Franken und dem Aktienkurs, der seit Jahresbeginn zwischen 90 und 100 Franken liegt).
«Ethos hat sich in den vergangenen Jahren sehr kritisch zu den Options-Zuteilungen geäussert und die Vergütungen der Geschäftsleitung von Holcim aufgrund der hohen Hebelwirkung der langfristigen Vergütungspläne systematisch abgelehnt», betont Vincent Kaufmann, Geschäftsführer der Ethos Stiftung. «Die variable Vergütung von Jan Jenisch für 2024 entspricht dem 25-fachen seines Grundgehalts als CEO und erreicht damit ein inakzeptables Niveau. Dieses widerspiegelt zwar die gute Börsenperformance der letzten Jahre, zeigt aber klar die Grenzen des Vergütungssystems auf.» Ethos erwartet vom Verwaltungsrat, dass er den Optionsplan abschafft.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Ethos den Aktionärinnen und Aktionären von Holcim, an der Generalversammlung den Vergütungsbericht (Traktandum 1.2) sowie die beantragten 32 Millionen Franken für die Vergütung 2026 der neun Geschäftsleitungsmitglieder abzulehnen (Traktandum 6.2).
Anspruchsvolle Klimaziele für Amrize gefordert
Die Generalversammlung ist auch ein Wendepunkt in der Strategie von Holcim: Sie wird über die Ausgliederung des Nordamerikageschäfts in eine neue, in der Schweiz und in den USA kotierte Gesellschaft namens Amrize in Form einer Sachdividende entscheiden (Traktandum 3.1). Nach sorgfältiger Abwägung der Chancen und Risiken erachtet Ethos diese Abspaltung als strategisch sinnvoll und sieht langfristiges Wertschöpfungspotenzial. Ethos ist zudem der Ansicht, dass die Transaktion die Führungsposition von Holcim im Bereich des nachhaltigen Bauens stärkt, insbesondere im Hinblick auf die jüngsten politischen, dem Klimaschutz nicht förderlichen Entwicklungen in den USA.
Ethos erwartet jedoch von Amrize, rasch eine mindestens so ambitionierte Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie wie jene von Holcim umzusetzen. Zum jetzigen Zeitpunkt wurden für Amrize keine konkreten und messbaren Ziele im Bereich der nachhaltigen Entwicklung kommuniziert. Angesichts der erheblichen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die Umwelt erwartet Ethos vom neuen Unternehmen, dass es sich rasch zu wissenschaftlich fundierten und den Best Practices entsprechen Klimazielen verpflichtet. Ethos wird ab dem Börsengang diesbezüglich einen kontinuierlichen und intensiven Dialog mit der Unternehmensleitung aufnehmen.
Darüber hinaus hat Ethos Bedenken hinsichtlich des für Amrize vorgeschlagenen Governance-Modells. Es sieht für Jan Jenisch eine Doppelrolle als Verwaltungsratspräsident und CEO vor. Dies kann zwar vorübergehend und mit einem starken Kontrollmechanismen akzeptiert werden. Es gibt jedoch zum jetzigen Zeitpunkt keine Hinweise, dass Amrize diese Funktionen in naher Zukunft trennen wird.
Neuer Verwaltungsratspräsident nicht genügend verfügbar
Aufgrund der Abspaltung von Amrize mit Jan Jenish als Präsident und CEO der neuen Gesellschaft schlägt Holcim die Wahl von Kim Fausing als neuen Verwaltungsratspräsidenten vor (Traktandum 5.1.1). Kim Fausing ist seit 2020 Mitglied des Verwaltungsrats von Holcim. Er ist CEO der Danfoss Group, einem privaten Unternehmen mit über 40'000 Mitarbeitenden, und Vizepräsident der in Deutschland börsenkotierten SMA Solar Technology. Ethos ist der Ansicht, dass diese Aufgabenbelastung zu hoch ist, um sich ausreichend auf seine Rolle als Holcim-Präsident konzentrieren zu können. Ethos empfiehlt daher, seine Wahl zum Präsidenten abzulehnen.